Volkshochschulen: Lehren aus der Coronakrise ziehen

10.09.2020 15:17

Foto für Volkshochschulen: Lehren aus der Coronakrise ziehen

Coronakrise – welche Lehren können wir derzeit daraus ziehen?

von Gerhard Bisovsky

Die Coronakrise brachte einen enormen Digitalisierungsschub. Die Volkshochschulen haben sich rasch umgestellt und ihre Präsenzangebote als Onlinekurse weitergeführt, die auch mehrheitlich gut angenommen wurden. Rund 25.000 Teilnahmen in Onlinekursen sind seit März 2020 zu verzeichnen. Die Volkshochschulen haben dabei sehr flexibel agiert. Viele KursleiterInnen haben mit ihrer Expertise und Tools ihre Kurse dezentral mit Unterstützung der Volkshochschule online weitergeführt. Andere Volkshochschulen bauten rasch die vorhandene Elearning-Infrastruktur aus. Die KursleiterInnen wurden eingeschult und in der Umsetzung unterstützt. Über den Verband Österreichischer Volkshochschulen wurde die Videokonferenzplattform Zoom zur Verfügung gestellt.[1]

Die Schulung von KursleiterInnen zur Verwendung von digitalen Tools ist seit Jahren bewährt und ein Standard. Neben allgemeinen Themen wurden vermehrt fachdidaktische umgesetzt. Darüber hinaus benötigen die KursleiterInnen aber auch eine grundlegende technische Unterstützung in Form eines Supports, der für sie im Bedarfsfall erreichbar ist. Bewährt haben sich auch offene Formate wie Elearning-Sprechstunden, die von den KursleiterInnen gut aufgenommen wurden.

Keinesfalls aber werden Präsenzkurse abgelöst und immer werden Onlinekurse von realen Lehrenden geleitet werden. Und die Bedeutung von Präsenzangeboten wird sicherlich noch zunehmen, denn sie ermöglichen einen intensiven Austausch der Lernenden, ein Lernen voneinander in einer Art und Weise und einer Intensität, wie wir sie im Onlineformat derzeit nicht kennen.

Grundsätzlich kann Onlineunterricht für alle Themen gemacht werden, das können wir an den vielen Youtube-Videos beobachten, die es sowohl für handwerkliche Themen wie auch kreative und musikalische Bildung gibt. Für AnfängerInnen werden Präsenzkurse empfohlen. In weiterer Folge können Lernprozesse durch Tutoring – analog oder digital – gut unterstützt werden.

Der Volkshochschule geht es darum, die Stärken des Präsenzunterrichtes mit den Stärken des Internets zu verbinden. Daher macht es auch Sinn verstärkt auf Formate zu setzen, die beides beinhalten. Präsenzangebote werden mit Plattformen unterlegt, durch die es möglich wird im Kurs zu verbleiben, auch wenn ein Kurstermin einmal nicht wahrgenommen werden kann. Unsere Aufgabe ist es, die TeilnehmerInnen mit diesen Lerntools vertraut zu machen. In weiterer Folge kann so auch dropout verringert werden. Blended-learning-Kurse, also verschnittene und didaktisch eigens konzipierte Kurse, werden im Zweiten Bildungsweg bereits seit Jahren erfolgreich umgesetzt.[2]

Zu beachten ist allerdings auch, dass enorme Ausschlüsse im Zuge der Umstellung auf Onlinekurse stattgefunden haben. Die digitale Kluft hat sich zweifelsohne verstärkt und die Coronakrise hat deutlich gemacht, dass die digitale Kluft im Kern eine soziale ist. Neben den sozialen Benachteiligungen können aber auch geografische beobachtet werden. Daher ist es eine dringliche Aufgabe das Breitband-Internet österreichweit auszubauen und für alle Haushalte und Bildungseinrichtungen in allen Regionen zugänglich zu machen. Ein leistungsfähiges und leistbares Internet ist das Ziel und es wird wohl auch notwendig sein, analog zur Befreiung von der Rundfunkgebühr auch eine Befreiung von der Internetgebühr einzuführen. Schließlich sind auch Zugänge zu kostengünstigen elektronischen Geräten zu schaffen.

Um dem bildungspolitischen Auftrag einer leistbaren Bildung für alle nachkommen zu können, sind laufende Kosten zu minimieren. Dazu gehören auch die Kosten für Softwarelizenzen, die nun durch eine vom VÖV angestoßene Initiative des Bildungsministeriums von diesem für staatlich anerkannte Einrichtungen der Erwachsenenbildung übernommen werden. So wird ein kostenfreier Zugang zu Office 365 Education und zur Bildungsplattform edudip aber Herbst ermöglicht. In weiterer Folge wird es darum gehen, dass Lernmaterialien für alle Sektoren des Bildungswesens geöffnet werden und als offene Bildungsressourcen zur Verfügung gestellt werden. Auch dafür hat sich der VÖV in seinem Schreiben an den Bildungsminister eingesetzt.

Quelle: http://magazin.vhs.or.at/magazin/2020-2/270-sommer-2020/editorial/coronakrise-welche-lehren-koennen-wir-derzeit-daraus-ziehen/

Die gesamte Ausgabe von „Die Österreichische Volkshochschule“ finden Sie hier.

 


[1] Mit tatkräftiger Unterstützung durch die VHS Wien.

[2] Vgl. Bisovsky et al (2006): Vernetztes Lernen in einer digitalisierten Welt. Edition Volkshochschule. Online verfügbar: http://www.forschungsnetzwerk.at/downloadpub/wissen_vernetztes_lernen_edition_volkshochschule.pdf [30.07.2020]